Stadtfestfans sind keine Verbrecher

Asbach. Der Deutsche Fest-Verband (DFV) hat gegen Mitglieder verschiedener Saufgruppen zweijährige Stadtfestverbote erteilt. Die insgesamt 295 jungen Männer waren am vergangenen Wochenende in Schlägereien und andere tätliche Auseinandersetzungen im Umfeld mehrerer Straßenfeste verwickelt.

DFV-Präsident Dr. Noah Viertele zeigte sich angesichts der Häufung solcher Zwischenfälle besorgt: „Ohoh!“ Der DFV wolle daher auch in Zukunft an seinem Kurs festhalten und rechtfertigte die fast 300 bundesweit auf allen Weihnachtsmärkten, Straßen- und Volksfesten gültigen Aussperrungen. „Wir lassen uns diese Jahrhunderte alte Trinkkultur nicht durch einige Unverbesserliche kaputtmachen“, so Viertele. Ferner spricht sich der 98-Jährige für die Verhängung lebenslanger Stadtfestverbote in Einzelfällen aus.

Auf dem beliebten Appeltatenfest in Gladbeck (NRW) mussten am Samstagabend infolge einer Auseinandersetzung unter Jugendlichen verletzte Personen beklagt werden. Das Stadtfest in Unna, etwas weiter östlich im Ruhrgebiet gelegen, wurde bereits am Freitagabend von mehreren Schlägereien und einer Messerstecherei überschattet.

Krawall und Remmi Demmi

Dabei gelten die sommerlichen Festivitäten im „Kohlenpott“ neben den Weinfesten in Rheinland-Pfalz traditionell als Gewalthochburgen. In jüngerer Vergangenheit werden allerdings auch außerhalb dieser Randalezentren vermehrt offen ausgetragene Konfrontationen auf Straßenfesten beobachtet. Auf dem Dorffest des beschaulichen Donaueschinger Stadtteils Aasen (Südbaden) etwa verursachten Handgreiflichkeiten in der Nacht zum Sonntag einen mehrstündigen Polizeieinsatz.

Auch die Diskussion über Fest-Gewalt hat sich nach den Vorfällen am vergangenen Wochenende verschärft. So hat sich jetzt erstmals der renommierte Soziologe und Fest-Forscher Prof. Dr. Günther O. Pils in die Debatte eingeschaltet. „Viele sehen solche Straßenfeste als Abenteuer-Urlaub an. Um Geselligkeit geht es nicht mehr“, sagte Pils am Montag auf der Fachtagung „Promille, Polente, Polen-Polka“ in Frankfurt/Oder.

In dubio contra reo

Während bei den zuständigen Staatsanwaltschaften nach Angaben des Fest-Informations-Dienstes (fid) gegen lediglich 104 Personen wegen gefährlicher Körperverletzung und Landfriedensbruchs ermittelt wird, hat der DFV bereits 295 deutschlandweite Stadtfestverbote verhängt. Verurteilt oder angeklagt wurde bislang niemand, der Festverband kann aber gemäß der „DFV-Richtlinien zur einheitlichen Behandlung von Stadtfestverboten“ bereits auf Verdacht aktiv werden, wenn die Strafverfolgungsbehörden ein Ermittlungsverfahren eingeleitet haben.

Die Legitimität dieser umstrittenen Praxis wurde vom Karlsruher Bundesgerichshof im Oktober 2009 bestätigt. Damals wies das Gericht die Klage eines Fans des Münchner Oktoberfestes ab. Gegen den Mann war 2006 ein zweijähriges Stadtfestverbot verhängt worden, obwohl ihm eine Beteiligung an einem Zusammenstoß mit Duisburger Trunkenbolden nicht nachgewiesen werden konnte und die Anklage gegen ihn fallen gelassen wurde.

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