Heute Abend um 20:30 Uhr treffen Ingolstadt und Rostock im Hinspiel der Zweitligarelegation aufeinander. Gut, dass dieser Nord-Süd-Gipfel live (ab 20:15 Uhr im NDR Fernsehen) übertragen wird. Denn sämtlichen Hansa-Fans ist nach den Ausschreitungen am vergangenen Wochenende in Düsseldorf die Auswärtsfahrt nach Bayern untersagt.
Dabei hat der deutsche Fußball in den vergangenen Wochen bereits eine bemerkenswerte Häufung von Fällen verwaister Gästeblöcke erlebt. Auch Kölner, Dresdener und Nürnberger wurden an die Begleitung ihrer Tams gehindert. Natürlich unterscheiden sich die Gründe dafür teilweise recht deutlich, dennoch oder gerade deshalb muss die Frage erlaubt sein, ob es neuerdings tatsächlich mehr Krawall in den Stadien gibt oder ob es sich bei dieser modernen Form der Sippenhaft nicht vielleicht doch eher um eine moderne Form von Aktionismus handelt.
Die Klärung dieser Problematik hätte sicher einen eigenen Artikel verdient. Kommt vielleicht noch, aber momentan bin ich von diesem ganzen Themenkomplex doch ziemlich genervt. Daher möchte ich mich in diesem Text auf einen unkommentierten Blick auf die Bedingungen für Auswärtsfahrern in anderen Fußballnationen werfen:
Italien
Nichts genaues weiß man nicht. Generell differiert die Handhabung mit personalisierten Tickets recht stark. Während bei einigen Vereinen am Spieltag gar kein Kartenverkauf mehr stattfindet, sind die Kassenhäuschen andernorts bis drei Stunden vor Spielbeginn geöffnet. Auch der Abgleich der auf die Eintrittskarte gedruckten Daten mit den Ausweispapieren erfolgt überall mit unterschiedlicher Genauigkeit. Es gibt zwar kein generelles Verbot, gleichwol finden einzelne Spiele ohne Gäste statt. Abhängig von dem zu erwartenden Zuschaueraufkommen, Rivalität oder negativen Vorfällen in der Vergangenheit.
Schweiz
Ich empfehle einfach mal die Lektüre des Artikels „Alle Fahnen verbieten – Repressionen gegen Fans, die hier noch diskutiert werden, sind in der Schweiz längst Realität“ in 11Freunde #102 (Mai 2010). Wie man vor den eigenen Anhängern kapituliert, demonstriert eindrucksvoll der FC Zürich, der gar keine Karten für Auswärtsspiele mehr verkaufen will.
Argentinien
In der eingleisigen 2. Liga (Nacional B) und in der 3. bis 5. Spielklasse des Großraums Buenos Aires (Primera B, C und D Metropolitana) fnden ausnahmslos alle Spiele ohne Gästefans statt. In der Primera División wäre eine solche Regelung angesichts der einflussreichen Barras Bravas kaum durchsetzbar.
Griechenland
Udo Latteck hätte an Hellas seine helle Freude: Neid und Missgunst sorgen hier unter dem Deckmantel der Gewaltprävention für hundertprozentige Heimspiele. Das gilt zumindest bei direkten Duellen der großen Fünf aus dem Großraum Athen (AEK, PAO, Olympiakos) und aus Thessaloniki (Aris, PAOK). Kurioserweise sind hier nicht Verband oder Politik, sondern die Vereine selbst verantwortlich. Verweigert also beispielsweise AEK für das Derby gegen Olympiakos die Zuteilung eines Auswärtskontingents, findet das Rückspiel wenig überraschend auch ohne Gäste statt. Diese Praxis beschränkt sich übrigens nicht nur auf den Fußball-Sport. Auch bei Risikospielen in anderen populären Sportarten sind in aller Regel keine Auswärtsfans zugelassen.
Mazedonien
Ein allgemeines Gästeverbot, das im im August 2009 erlassen wurde, ist zu Beginn der Rückrunde wieder aufgehoben worden.
Niederlande
Bislang wurde bei als riskant eingestuften Begegnungen der Erwerb von Auswärtstickets an die Teilnahme an einer organisierten Busfahrt geknüpft, um die Schlachtenbummler jeweils direkt vor den Gästesektor karren zu können. Umlandfans u. ä. bleiben bei diesem Konzept natürlich auf der Strecke.
Frankreich
Paris Saint Germain beschloss im März, seinen eigenen Fans keine Eintrittskarten für die verbleibenden Auswärtspartien der laufenden Saison zu verkaufen. Diese Entscheidung ist eine Folge gewalttätiger Auseinandersetzungen beim Spiel gegen Olympique Marseille, durch die ein Anhänger ums Leben kam.
Belgien
Bei Risikospielen gilt eine Kombi-Regelung analog zu den Niederlanden.