Mein BAK, dein BAK – ein offener Leserbrief an den Berliner Kurier

Lieber Berliner Kurier, lieber Sportchef des Selbigen,

es ist ja nicht so, als könnte ich euer an Borniertheit grenzendes Desinteresse überhaupt nicht nachvollziehen: Die Berliner Vereinslandschaft ist mit wenigen Ausnahmen in etwa so spannend wie eine Folge Praxis Bülowbogen. Das gilt leider insbesondere für den Amateurfußball.

Vor allem im Vergleich mit Regionen wie Hamburg, dem Ruhrgebiet oder quasi dem kompletten Osten um die Hauptstadt herum verwundert es nicht, dass diese Ansammlung identitätsloser Quatschvereine seine Ligaspiele regelmäßig unter Ausschluss der Öffentlichkeit austrägt. Verwöhntes Eventpublikum hin oder her.

Vor ziemlich genau einem Jahr hatte ich das Vergnügen, ein Heimspiel des momentanen Klassenprimus Berliner AK zu besuchen. Bei der Regionalliga-Partie gegen die zweite Mannschaft des Hamburger SV gab es offiziell eine kreisligareife Kulisse von 200 Besuchern zu bestaunen. Die Zahl an sich dürfte sogar hinkommen, bedenken sollte man allerdings, dass ein Großteil der Anwesenden an der Kasse einfach durchgewunken wurde.

Nun hat aber eben jener Berliner AK im DFB-Pokal etwas ganz Erstaunliches vollbracht und die TSG Hoffenheim vor 1.468 Zuschauern förmlich aus dem Wettbewerb geschossen. Das 4:0, ihr werdet es vielleicht mitbekommen haben, ist der bis dato höchste Sieg eines Viertligisten gegen ein Team aus der 1. Bundesliga.

Eine grandiose Leistung, die von euch unter anderem im Artikel „Hoffenheim kommt vor dem Fall“ verarbeitet wurde.

Dass dieses Etwas (es handelt sich wohl um eine Art Kolumne) handwerklich – sprachlich wie argumentativ – auf dem Niveau einer Schülerzeitung daherkommt, wäre eigentlich schon schlimm genug. Ärgerlicherweise gelingt es euch zudem während der kompletten 1112 Zeichen, mit traumwandlerischer Sicherheit das Thema zu verfehlen.

Häme gegen Hoffenheim mag gerade in einem meinungsbetonten Text bis zu einem gewissen Grad angebracht sein, allein die unglaublich vorhersehbare und plumpe Darreichungsform („Millionarios“) dürfte die Toleranz-Grenze so manchen Lesers aber bereits übersteigen.

Völlig unpassend hingegen erscheint am vermutlich größten Tag in der Vereinsgeschichte des Berliner AK das von Anfang bis Ende aus einer wirren Hertha-Perspektive betriebene Babbel-Bashing. Was hat das sicherlich etwas unschöne Auseinandergehen von dieser sportclubgewordenen Pokalblamage und dem aktuellen TSG-Trainer bitteschön mit dem gestrigen Spiel zu tun?

Wortspiele direkt aus der Wortspielhölle („Debabbel“) wechseln sich nahtlos mit unmotiviert eingestreuten Andeutungen über längst verlorene Hertha-Spiele („positiv besetzter Platzsturm“) ab und werden doch von einem schon jetzt legendären Ausfall mühelos getoppt:

Aber, hihi, Hoffenheim, haha, Babbel, prust, 0:4, muahahaha!

So viel Kraft. So viel Poesie. So viel Fremdschämen.

Berliner Kurier, Sportchef, ich bitte euch! Wenn es denn immer und unbedingt boulevardesk zugehen muss, dann konzentriert euch doch hier in Gottes Namen auf den Berliner Athletik-Klub. Diese Mannschaft hat Historisches geleistet und ein bisschen mediales Abgefeiertwerden durchaus verdient.

Wie wäre es also, sich zum Beispiel mit der Truppe zum gemeinsamen Köfte-Essen zu verabreden? Natürlich dürfen auch einzelne Spieler dem geneigten Leser etwas nähergebracht werden. Ich denke da etwa an: „Koloss Kruschke. Seine Liebe. Sein Körper. Seine Wut.“. Oder lasst euch von Präsident Mehmet Ali Han doch einfach für eine Homestory durchs renovierte Poststadion führen.

Viele Grüße und da nich‘ für

Eure Stadioncheck-ReBAKtion

3 thoughts on “Mein BAK, dein BAK – ein offener Leserbrief an den Berliner Kurier

  1. Liebe Stadioncheck-ReBAKtion,

    nette Kolumne, sprachlich wie argumentativ absolut der BAK-Wahn!

    Zum Glück kennen Eure Leser nicht die beiden KURIER-Vorberichte zum BAK-Heimauftritt, wissen auch nicht, dass wir beim KURIER regelmäßig über Regionalliga und Oberliga berichten, dass wir gestern natürlich von Beginn an vor Ort waren, während andere Redaktionen erst nach dem Halbzeitergebnis einen Reporter schickten, dass wir den BAK in einem großen Aufmacher und mit einem Stimmenkasten auf der Auftakt-Doppelseite gefeiert haben und auch in der morgigen Ausgabe eine ganz Seite machen werden. Ohne Babbel.

    Ist ja auch egal, oder?

    Die Info, dass der BAK das Pokalspiel mit einem Plakat „Wir warten auf Babbel“ beworben hat (Warum wohl?), lassen wir dann auch mal unter den Tisch fallen, gelle?

    Qualitätsbloggen ist schon was Geiles.

    Da mir aber der Mut und das Tempo des Offenen Briefes sehr gefallen, bitte ich allen ReBAKtions-Mitgliedern ein Praktikum in unserer Sportredaktion an. Keine Scheu, wir beißen nicht, wir babbeln nur gerne.

    Happy days

    Andreas Lorenz

    Berliner KURIER
    Ressortleiter Sport

    1. stadioncheck sagt:

      dass wir beim KURIER regelmäßig über Regionalliga und Oberliga berichten, dass wir gestern natürlich von Beginn an vor Ort waren, während andere Redaktionen erst nach dem Halbzeitergebnis einen Reporter schickten

      OK, das glauben wir jetzt einfach einmal ungeprüft. Punkt für Euch.

      Die Info, dass der BAK das Pokalspiel mit einem Plakat “Wir warten auf Babbel” beworben hat (Warum wohl?), lassen wir dann auch mal unter den Tisch fallen, gelle?

      Unter den Tisch fallen? Nun ja… obwohl wir jede Vereinswebseite der Welt durch unsere Sklaven Praktikanten 24h am Tag auf Veränderungen überwachen lassen, muss uns das wohl entgangen sein. Mea C… äh, halt – was genau hat der zweifelhafte Marketing-Gag eines Fußballvereins mit der Beurteilung eines Textes mit journalistischem Anspuch zu tun?

      Da mir aber der Mut und das Tempo des Offenen Briefes sehr gefallen, bitte ich allen ReBAKtions-Mitgliedern ein Praktikum in unserer Sportredaktion an. Keine Scheu, wir beißen nicht, wir babbeln nur gerne.

      Es klingt zu verlockend. Noch mal ganz von vorne anfangen, alle Zelte abbrechen, nach Berlin ziehen um ein unbezahltes Praktikum beim Berliner Kurier zu beginnen. High sein, frei sein, überall dabei sein?

      Wir müssen leider absagen, so verlockend die Aussicht auch sein mag.

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