Nur etwa 1.500 mehr oder weniger junge Männer verdienen in Deutschland kickenderweise ihren Lebensunterhalt. Selbst wer es als Jugendlicher in ein Nachwuchsleistungszentrum der großen Vereine schafft, hat alles andere als eine Garantie auf eine spätere Profi-Laufbahn. Für einen höherklassig aktiven Jugendspieler könnte das Erreichen des Endspiels um die Deutsche A-Jugend-Meisterschaft vor gut gefüllten Tribünen samt Live-Übertragung im Fernsehen also eventuell bereits das Highlight seiner Fußball-Karriere darstellen. Klingt hart, aber #isso.
Vor das Finale hat der Fußballgott aber ja bekanntlich das Halbfinale gesetzt und dort trafen in der Saison 2011/2012 der VfL Wolfsburg und Schalke 04 aufeinander. Nach einem 2:2 in Wolfsburg führten die Jungknappen im Rückspiel im Erkenschwicker Stimbergstadion bereits scheinbar komfortabel mit 2:0, ehe die Gäste doch noch ausgleichen konnten. Im fälligen Elfmeterschießen behielt Königsblau die Oberhand. Eine Woche später wurden im Endspiel an selber Stelle dann auch die Bayern besiegt.
Keine Ahnung, ob ich vielleicht vereinsbrillenbedingt einfach nur mehr Spieler kenne, als das bei anderen Vereinen der Fall wäre, aber gefühlt trat Schalke mit einem überdurchschnittlich prominent besetzten Team an, dessen Mitglieder punktuell auch im Herrenbereich haben aufhorchen lassen.
Philipp Hofmann etwa, vor einigen Wochen mit Eintracht Braunschweig knapp dem Abstieg in die Regionalliga entkommen. Oder Tammo Harder, der sich mit diesem Namen irgendwann problemlos zu einem finnischen Techno-Festival umschulen lassen kann. Lukas Raeder hat eine bemerkenswerte Titelsammlung aus seiner Zeit bei Bayern München vorzuweisen, Kaan Ayhan sollte ebenfalls ein Begriff sein.
Einer hat es gar zum Weltklasse-, sein Namensvetter auf der Gegenseite immerhin zum gestandenen Bundesliga-Spieler gebracht; die beiden Maximilianse, Meyer und Arnold, absolvierten 2014 gegen Polen obendrein semi-gemeinsam ihr jeweils erstes A-Länderspiel, als Maxi für Max eingewechselt wurde.
Im Fokus standen an diesem heißen Junimorgen in Oer-Erkenschwick aber die Spielführer. Beide agierten damals in der Innenverteidigung, beide wirkten – so abgedroschen das nun klingen mag – schon rein körperlich wie gestandene Männer unter 20 Jungs. Und bei beiden war ich im Rahmen meiner bescheidenen Fähigkeiten als Talentscout mehr als zuversichtlich, dass sie das Zeug zu guten Bundesliga-Profis haben.
Der eine, ein gewisser Sead Kolasinac, hat inzwischen Verein, Land und Position gewechselt. Und auch wenn er in der abgelaufenen Saison bei Arsenal nicht immer erste Wahl für die Rolle des linken Außenverteidigers war – die bisherige Karriere des Bosniers kann sich inklusive einer WM-Teilnahme mehr als sehen lassen.
Der andere hatte als Doppeltorschütze im Hin- und unermüdlicher Antreiber im Rückspiel seine Führungsqualitäten längst bewiesen, kam nach dem unglücklichen Ausscheiden aber natürlich nicht umhin, als Fels in der Brandung seine untröstlichen Kameraden zu, naja, trösten. Unumstrittener Anführer, rechte Hand von Trainer Stephan „Ich werde in der ersten Liga trainieren. Das ist Fakt.“ Schmidt: Ja, so einer kann es schaffen, ich war mir ganz sicher.
Als ich kürzlich für ein anderes Projekt mein Archiv nach Fotos von diesem Spiel durchforstete, kam mir die ganze Nummer wieder in den Sinn. Was wohl aus dem 18-Jährigen geworden ist, der von meinem damaligen Stehplatznachbarn durchaus ehrfurchtsvoll nur „der Ochse“ genannt wurde? An den Namen konnte ich mich beim besten Willen nicht mehr erinnern, aber das ist in Zeiten von transfermarktfussballdefupa ja kein großes Problem…. Jonas Sonnenberg heißt der gute Mann.
Praktischerweise werden einem Leistungsdaten und Transfers auf diesen Portalen ja direkt mundgerecht serviert. Nach der wenig kreativen Übergangsstation VfL Wolfsburg II folgte ein Engagement bei Jahn Regensburg II, ehe es den gebürtigen Braunschweiger wieder gen Norden zum TSV Havelse zog. Seine bisherige Zeit im Herrenbereich verbrachte der Defensivspezialist demnach vornehmlich in der Regional- und zeitweise sogar in der fünftklassigen Oberliga.
Nun ist Havelse, ein Stadtteil von Garbsen im Speckgürtel Hannovers, vermutlich kein schlechter Ort zum Leben. Oder zum Fußballspielen. Der Club besitzt ein cooles, kleines Stadion (mit Schafen!) und hat in den 90ern unter Volker Finke sogar ein kurzes Intermezzo in der 2. Bundesliga erlebt. Inzwischen vierte Liga, immerhin, semiprofessionelle Bedingungen. Lebt der Traum von der Bundesliga noch? Studiert er vielleicht nebenher?
Ein Anruf auf der Eine Mail an die Geschäftsstelle könnte weitere Infos liefern. Diese wird in Vollzeit geleitet von…. Jonas Sonnenberg. Oh. Stichwort: Führungsqualitäten. Auf seinem aktuellen Spielerfoto wirkt er jedenfalls alles andere als unglücklich mit der Gesamtsituation.