1898 gründeten einige Kommilitonen der Lütticher Hochschule Saint Servais einen Fußballclub. Zu einer Zeit, in der die meisten fußballspielenden Studenten Mitglied des FC Liège waren, entschlossen sie sich bewusst, ihren eigenen Verein, Standard de Liège, entstehen zu lassen. Pate für diesen Namen stand Standard Paris, eine Mannschaft, die damals eine lange Serie ohne Niederlage verbuchte.
Es wurde beschlossen, in Rot und Weiß zu spielen – Farben, die Vertrauen und harte Arbeit darstellten. Erster Präsident des Clubs war Joseph Debatty.
Zunächst wurde im „Velodrome de la Boverie“ gespielt, und das ab der Saison 1903-1904 in der zweiten Liga. Wegen der Expo 1905 musste dieses Stadion aber abgerissen werden, was den Club zum Umzug zum Sportgelände „Grivegnée“ zwang. Dieser kleine Rückschlag konnte Standards Aufstieg zur Spitze aber keineswegs stoppen.
In jenen Tagen war die Lage zwischen den beiden Lütticher Vereinen sehr angespannt. Der FC Lüttich galt als aristokratischer Verein, während Standard die Mannschaft der „Working Class“ war.
1909 musste man noch einmal umziehen, weil der Besitzer von „Grivegnee“ andere Pläne mit dem Gelände hatte. Ein neuer Spielort wurde rasch gefunden….Sclessin! Sie mieteten den Grund und Boden zum Preis von 300 BEF (ca. 9 €) für ein Jahr. In jener Saison erreichte Standard auch erstmals die erste Liga und sollte dort bis 1913 bleiben. Während des ersten Weltkrieges wurden fast 20 Spieler getötet, dennoch schaffte es Standard vier Mannschaften zu stellen.
1923 wurde der Verein in Royal Standard Club Liège umbenannt. Das war auch das Jahr, in dem Standard letztmals in die erste Liga aufstieg – ja, seit mittlerweile über 80 Jahren ist Standard ununterbrochen erstklassig!
Man wurde Inhaber von Sclessin und holte den ersten bezahlten Trainer, den Engländer Percy Hartley. Tickets kosteten damals 5 BF (ca. 12 Cent), der Jahresetat belief sich auf ungefähr 500.000 BEF (15.000 €) und ein Durchschnitts-Spieler verdiente etwa 8.000 BEF (240 €) im Jahr.
Bereits in jenen Tagen hatte Standard eine Menge Fans. So viele, dass sogar eine neue Tribüne mit 10.000 Plätzen gebaut werden musste.
Nach dem 2. Weltkrieg standen zwei Namen für den Aufschwung des „neuen“ Standard: Roger Petit und Paul Henrard. Dank dieser Männer entstand sich ein gut-strukturierter Verein mit erstklassigen Spielern und ihrem ersten professionellen Trainer, dem Franzose André Riou. Roger Petit, ein ehemaliger Spieler, organisierte den Verein um und wurde später zu einer Führungsperson im KBVB (belgischer Fußballverband) und in der UEFA. Paul Henrard steuerte die Geschicke des Clubs als Präsident. Logische Konsequenz war der erste nationale Titel, der Gewinn des belgischen Pokals 1954.
1958, sechzig Jahre nach Vereinsgründung, wurde Standard zum ersten Mal Meister! Schlüsselspieler in jenen Tagen waren Toussaint Nicolay, Happart, Thellin, Vandormael, Mathonet, Givard, Houf und Jadot. Als amtierender Champion spielte man im der folgenden Saison im Europapokal der Landesmeister, wo zunächst der schottische Teilnehmer Heart of Midlothian, und danach Sporting Club de Portugal besiegt wurde. Im Viertelfinale traf man auf den französischen Meister Stade Reims, eine legendäre Mannschaft die damals als die beste in Europa überhaupt galt. Im Hinspiel zu Hause gewann Standard 2-0 mit Treffern von Jadot und von Givard. Das Rückspiel verlor man jedoch mit 3-0. Doch diese Spiele waren nur der Startschuss einer tollen Ära. In den folgenden Jahren war der Standard ein Teil der absoluten europäischen Spitzenklasse.
Standard entwickelte sich zur besten belgischen Mannschaft in jener Zeit und gewann die Krone 1960-1961 und 1962-1963. Während der Sechziger und auch der frühen Siebziger Jahre beherrscht man die belgische Meisterschaft und den Pokalwettbewerb.
Durch die Verpflichtung von Raymond Goethals als Coach kehrte der Erfolg nach Lüttich zurück und man wurde erneut zweimal Meister (1982 und 1983) und einmal Pokalsieger (1981). Im Jahre 1984 wurde Standard zu einer schweren Strafe verurteilt, weil man offensichtlich ein Spiel gekauft hatte. Alle Spielerverträge mussten aufgelöst werden und alles, was dem Verein blieb war eine bessere Jugendmannschaft. Es dauerte mehr als 10 Jahre, um sich von dieser unrühmlichen Affäre zu erholen. Es gab damals einige Interessenten (Mandaric, Bernard Tapie…) die den Club in jenen Tagen aufkaufen wollten – doch unser Management winkte höflich ab. Jean Wauters, Andre Duchene, Jean-Marie Defourny und Michel Foret engagierten sich für den Verein und wagten einen Neuanfang. Es kamen viele Spieler und Trainer, aber genauso schnell gingen sie alle wieder ohne Erfolge. Die einzigen, die blieben, waren die treuen Anhänger.
Anfang der neunziger Jahre, konnte man endlich sichtbare Verbesserungen bei Standard beobachten. Arie Haan, ein ehemaliger Standardspieler, wurde Trainer. Unter ihm schafften einige Youngsters wie Genaux, Leonard, Dinga und Bisconti den Durchbruch. Er blieb für zwei Spielzeiten bei Standard ehe er nach dramatischen Niederlagen gegen Anderlecht und vor allem gegen Arsenal in Europapokal, gefeuert wurde. Mit ihm gewann man den bisher letzten Titel, der belgischen Pokal. Standard besiegte 1993 Charleroi im Stadion von Anderlecht mit 2-0. Ein Tag, den die Fans nicht so schnell vergessen sollten.
1994 kam Robert Waseige, der Erfolgstrainer von Charleroi zum zweiten mal zurück. In seiner ersten Spielzeit als verantwortlicher Trainer wurde Standard prompt Vizemeister. Es schien, als könne Standard auf eine neue Phase des Erfolgs vorausblicken. In seiner zweiten Saison wurde Robert jedoch mit vielen Verletzungen konfrontiert und Standard schaffte es nicht, einen UEFA-Platz zu erreichen. Das Management entschied daraufhin, den Vertrag mit Robert am Ende der Saison 1995-1996 zu beenden. Ein ehemaliger Spieler, Jos Daerden übernahm seinen Platz.
Am Ende eben jener Spielzeit, entschieden Standard und der Lokalrivale Seraing, zusammenzuarbeiten. Aus finanziellen Gründen konnte Seraing nicht mehr ohne fremde Hilfe überleben, also übernahm Standard diesen Verein. Für Standard änderte sich nicht viel, es mussten nur einige Leute in die Vereinsführung integriert werden. Nach einem ausgezeichneten Start im UI-Cup, musste die Mannschaft wieder einmal mit einer langen Verletztenliste fertig werden, und das funktionierte nicht besonders gut. Die Supporter wurden langsam ungeduldig, was das Management mit einer wahren Flut von Verpflichtungen von neuen Spielern und Trainern quittierte.
Am bekanntesten war sicherlich Tomislav Ivic, der auf Empfehlung einer neuen Führungsriege geholt wurde. Diese wurde vom französischen Multi Robert-Louis Dreyfus (adidas) angeführt. Es sollte der Anfang einer neuen Ära sein, in der die Mannschaft begann, wieder vernünftige Resultate zu erzielen. Zwei Qualifikationen für den UEFA-Cup (2001 und 2004) und die Rückkehr in die Spitze der Jupiler-League waren ein erster Anfang.
Lange Jahr musste das Aushängeschild des wallonischen Fußballs auf darauf warten, doch am 20. April 2008 war es endlich soweit: Durch ein 2:0 gegen den RSC Anderlecht konnte sich das Team erstmals seit 1983 wieder die belgische Meisterschaft sichern. Dieser Titel konnte ein Jahr später in zwei dramatischen Entscheidungsspielen gegen den Erzrivalen verteidigt werden.
To be continued…