Post von viagogo / MSLGermany – oder: Wie PR-Agenturen ticken

Hat sich einer unserer Leser schon einmal gefragt, was die kreativen Leistungsträger dieser Gesellschaft in den PR-Agenturen den lieben langen Tag treiben? Nun, manchmal denken sie sich offenbar ganz verrückte Dinge aus. Zumindest bei MSLGermany, der Agentur des Ticketportals viagogo (Links siehe Google).

E-Mail-Anfrage am 22. März 2012:

Es folgt eine Nachfrage meinerseits, ob diese „Medienkooperation“ unentgeltlich und ohne andere Gegenleistungen erfolgen soll.

Antwort von MSLGermany am 22. März 2012:

Die Statistiken, die der Herr Blogger als kostenneutraler Multiplikator in die Welt hinausposaunen soll, scheinen äußerst spektakulär zu sein. Zum Glück hat man mich gleich mit einer aussagekräftigen Kostprobe versorgt:

Darstellung: MSLGermany im Auftrag von viagogo. Die Genauen Paarungen wurden aus Datenschutzgründen aus dem Screenshot entfernt. Wir möchten hier ja keine Geschäftsgeheimnisse ausplaudern.

Natürlich war ich als kleiner Popelsblogger von diesem Angebot und dem damit entgegengebrachten Vertrauensvorschuss zunächst einmal ziemlich überwältigt. Ich konnte mich dann allerdings doch noch zu einer Replik aufraffen:

Also ███████████,

ich muss schon sagen: Ich fühle mich geehrt, dass unsere Webseite dazu beitragen soll, Ihnen, Ihrer Agentur und nicht zuletzt Ihrem Auftraggeber die nötige Street-Credibility in der harten Welt der Sportblogs zu verschaffen. Dass dabei natürlich auch Werbung, Reichweite und nicht zuletzt SEO-Effekte (ich darf das tolle Ticketportal viablabla doch verlinken, oder????) generiert werden, wäre sicher nur ein mit Freude hingenommener Kollateralschaden.

Gerne würde ich Sie tagesaktuell mit den neuesten Klickzahlen versorgen und auf UNSERE GEMEINSAME SACHE an prominenter Stelle (Startseite!!11) verweisen, damit sie einen möglichst hohen Pagerank erhält. Wäre doch schade, wenn Sie oder irgendeine andere Eierfeile mit Bachelor of Powerpoint bei der nächsten „Präsi“ oder „Telko“ dem Auftraggeber nichts Handfestes vorzuweisen hätten.

„Deutschlands beliebteste Fußball-Spiele“, aufgelistet in einer liebevoll mit Microsoft Paint gestalteten Tabelle? Brillant! Natürlich haben Sie exakt zehn Spiele ausgewählt. Nicht neun oder elf. Keins zu viel und keins zu wenig. Ob das meinen Lesern einen Mehrweg bieten würde? Ich bitte Sie… das ist keine schnöde Statistik mehr, das ist Data-Mining aus dem 23. Jahrhundert!

Liebend gerne würde ich „regelmäßige Inhalte“ für Sie weiterverbreiten. Aber so leid es mir tut: Meine Eltern haben mich zu Bescheidenheit erzogen; daher kann ich Ihr überaus großzügiges Angebot so leider nicht annehmen. Wie wäre es also, wenn ich Sie und die anderen funky Agentur-People zu einem Sommerfest einladen würde? Als zusätzliche Abgeltung, sozusagen. Lecker Tier vom Grill, ein kühles Bierchen dabei und dann gemütlich die neuesten Zahlen vom Ticket-Schwarzmarkt diskutieren – herrlich!

Was meinen Sie?

Bisher kam leider keine Antwort mehr. Was meint ihr?

Nachtrag – Antwort von MSLGermany am 23. März 2012:


18 thoughts on “Post von viagogo / MSLGermany – oder: Wie PR-Agenturen ticken

  1. sagt:

    Sehr schön gemein gekontert. Ob es in dieser Schärfe notwendig war … ich weiß es nicht. Jedoch bin ich selbst ein Freund von „Wer hat denn mit dem Verarschen angefangen…?“

    Das Hauptproblem ist, dass die Agenturen und Unternehmen uns Blogger nicht verstehen. Und zwar so unglaublich komplett nicht verstehen, dass es ungefähr so ist, als wolle ein Rettungssanitäter einem Professor für Herzmedizin einen belehrenden Vortrag über Herzkranzgefäße halten. Ich sage nicht, dass in den Agenturen nur Würste arbeiten. Die haben alle ihre Qualifikationen und Fachrichtungen. Doch dann treffen sie auf zum Teil jahrelang tätige, medienkompetente, nicht selten studierte und zum Teil in den Medien tätige Blogger und denken sich in einem irrationalen Gefühl der Überlegenheit: „Ui, Fußball. Der ist bestimmt ’ne hohle Frucht. Dem dreh‘ ich cleveres Bürschchen jetzt mal etwas an.“ Genau dann kommt so ein Mist wie das Schreiben der Agentur heraus.

    Ich habe mittlerweile aufgehört, mich darüber aufzuregen. „Medienkooperationen“ werden einem ja heutzutage alle Ritt angeboten. Ich reagiere da schon gar nicht mehr drauf, wenn es zu offensichtlich dämlich ist.

  2. sagt:

    Nachtrag: „Ticket-Zweitmarkt“ für „Schwarzmarkt“ ist allerdings ein wirklich schönes Wort, das ich in mein Vokabular aufnehmen werde. Jetzt müsste die Duden-Redaktion nur noch auf meine Vorschläge „Eigentumsübertragsungs-Beauftragter“ für „Einbrecher“, „Exo-Suizid“ für „Mord“ und „Verfechter der reinen Liebe“ für „Nuttenpreller“ eingehen…

  3. stadioncheck sagt:

    Ja Matthias, ich weiß auch nicht, ob die Schärfe nötig war. Das war jetzt aber sicher die dritte Anfrage dieser Art in den vergangenen zwei Wochen und ich dementsprechend sauer. Nach dem Motto: „Wenn die unbedingt PR haben wollen – bitte sehr…“

    Ich habe auch schon in einer PR-Agentur gearbeitet und natürlich ist es eine Kernaufgabe, Platzierungen zu erhalten, ohne großartig Geld dafür in die Hand nehmen zu müssen. Man kann das aber auch anderes angehen. Dort wurde z. B. mit Film-Bloggern zusammengearbeitet. Da gab es dann ab und an Content-Leckerli in Form von wirklich exklusiven Infos (also bevor die großen Medien sie hatten), hauptsächlich Trailer und Fotos. Außerdem regelmäßige Einladungen zu Pressevorführungen und gemeinsam veranstaltete Gewinnspiele mit wirklich guten Preisen. So kann man eine Medienkooperation also auch angehen.

  4. sagt:

    Ich habe, warum auch immer, ebenfalls eine Anfrage von denen bekommen. Allerdings reagiere ich prinzipiell nicht auf solche Mails. War wohl auch besser so.

  5. stadioncheck sagt:

    Och, Du auch? Interessant! Was war bei Dir (bei mir waren es ja „Stadien“) der Aufhänger?

    Ich hab mir jetzt einfach mal überlegt, solche Anfragen in unregelmäßigen Abständen öffentlich zu machen. Die Allgemeinheit darf ruhig wissen, dass es nicht immer nur „Künstler“ sein müssen, die sich mit einer sich verselbstständigen Kostenloskultur konfrontiert sehen.

  6. Das Bedauerliche daran ist, dass es wirklich Blogger gibt, die auf so einen kostenlosen „Vorteil“ reinfallen. Und damit dafür sorgen, dass es überhaupt weiterhin solche Anfragen gibt. Hoffe, dass es möglichst viele endlich schnallen, dass ihr Blog einen – auch monetären – Wert besitzt, sofern darin auf etwas verwiesen wird. Insofern sehr begrüßenswert, dass Du hier zu diesem Thema ein weiteres Mal bloggst.

  7. sagt:

    Vielen Dank für das Veröffentlichen der Mail. Gerade bei so einem Verein wie viagogo der sein Geld damit verdient wie ein Parasit auf der Leistung anderer Leute zu nähren hat es verdient seine Methoden zu offenbaren (wenn auch unfreiwillig). Die Firma braucht keine PR Agentur, sondern ein neues Geschäftsmodell.

    Die Schwarzmarktcharts jeden Monat gratis ins Haus.. unfassbar.. Ich werde jetzt auch die Schulhofcharts kostenlos an die Plattenfirmen anbieten, mal schauen was passiert.

  8. Schöne Replik!

    Ich bekomme solche Anschreiben auch, arbeite aber auch gleichzeitig in einer Agentur, die auch Blogger anschreibt (wenn auch nicht so stupide wie in diesem Fall). Im Prinzip ist das ja auch ok, aber leider gibt es – wie der Trainer schreibt – immer noch viele Blogger, die nicht wissen, was ihre Seite wert ist und was sie für einen Link oder einen Werbebanner verlangen können. Das nutzen einige Agenturen dann aus. Ich kann es nur aus dem SEO-Bereich sagen: Ein Link aus dem Content-Bereich eines gut verlinkten Tehmen-Blogs ist richtig wertvoll. Da kann man eine entsprechende Gegenleistung erwarten (wenn auch im SEO-Bereich nicht unbedingt Geld). Was ich absolut nicht verstehe, ist wenn Agenturen denken, dass sie mit „kostenlosen Inhalten“ einem Blogger auch nur irgendeinen Vorteil bieten können. Genau das ist doch die Domäne der Blogger.

    Von daher finde ich es absolut angebracht, so zu reagieren. Es gibt da manchmal tatsächlich lernfähige Leute und letztlich profitieren wir alle davon, wenn bei den Anfragen häufiger seriöse Angebote bei sind.

  9. stadioncheck sagt:

    Ist das kostenlose verlinken zu Facebook, google, twitter, usw. besser?

    Hyperlinks bilden das Grundprinzip des WWW. Von daher versteh ich die Frage nicht so ganz. Kannst Du diese vielleicht konkretisieren?

  10. sagt:

    True That! Ich denke auch, es sollte immer ein fairer Umgang herrschen. Ich arbeite auch in einer Agentur, bin schreibe aber selbst für Magazine und Blogs. Eine Ansprache, wie da oben würde mir im Traum nicht einfallen. Inzwischen sollte auch der letzte Profi-PRler verstanden haben, dass die TRansparenz- und Authentizitäts-Nummer richtig ernst gemeint ist.

    Wie Du schon sagts, kein Blogger oder Schreiber würde sich über ein cooles, faires Angebot einer Koop aufregen – nur so ein grober Unfug, den muss man wirklich nicht tolerieren.

    Das kommt eben davon, wenn man irgendwelche „Eierfeilen“ einstellt, die vom Metier keine Ahnung haben und noch nicht mal Stil und Menschenverstand besitzen.

    Danek, Du hast hier – um ins Agentursprech zu wechseln – einen super Case geschaffen, den man noch schön oft zitieren kann um auch Kunden klar zu machen, das man mit den Leuten, mit denen man zusammen arbeiten möchte, fair umgehen muss.

    pehu


    Ja Matthias, ich weiß auch nicht, ob die Schärfe nötig war. Das war jetzt aber sicher die dritte Anfrage dieser Art in den vergangenen zwei Wochen und ich dementsprechend sauer. Nach dem Motto: “Wenn die unbedingt PR haben wollen – bitte sehr…”
    Ich habe auch schon in einer PR-Agentur gearbeitet und natürlich ist es eine Kernaufgabe, Platzierungen zu erhalten, ohne großartig Geld dafür in die Hand nehmen zu müssen. Man kann das aber auch anderes angehen. Dort wurde z. B. mit Film-Bloggern zusammengearbeitet. Da gab es dann ab und an Content-Leckerli in Form von wirklich exklusiven Infos (also bevor die großen Medien sie hatten), hauptsächlich Trailer und Fotos. Außerdem regelmäßige Einladungen zu Pressevorführungen und gemeinsam veranstaltete Gewinnspiele mit wirklich guten Preisen. So kann man eine Medienkooperation also auch angehen.

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